Post aus Japan: Fahrassistent für den Familienfrieden

Post aus Japan: Automobile Ideen für den Familienfrieden

Nissans Van Serena sieht wahrlich nicht aus wie ein Hightech-Produkt für Allzeitvernetzte. Aber mit einer teilautomatischen Steuerung und einem halben Dutzend USB-Buchsen geht er zwei Stressquellen bei Familienausflügen in der IT-Ära an.

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus ? und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends.

Diese Woche hatte ich die Chance, Japans erstes Auto mit in Serie verbauten Fahrautomaten zu testen, den Familien-Van Nissan Serena. ProPilot nennt Nissan den Fahrassistenten, der bei seinem Debüt das Auto auf Autobahnen selbstständig in der Spur halten sowie beschleunigen und bremsen können soll. Doch dazu später. Denn das erste, was mir bei der Begutachtung dieses Urtyps der kommenden Roboterautos auffiel, waren USB-Anschlüsse auch für die zweite und dritte Sitzreihe.

Insgesamt hat Nissan dem Wagen sechs USB-Buchsen spendiert, damit keinem der bis zu sieben, auf drei Reihen verteilten Passagiere je der Saft in ihren Smartphones, Tablets oder Game-Konsolen ausgeht. Dies sei das weltweit erste Auto mit derart vielen ab Werk eingebauten USB-Steckern, übersteigerte eine japanische Onlinezeitung die Option.

Beim Gespräch mit Tomomi Endo, dem Produktplaner des Serena, über den eigentlichen Clou, den Fahrassistenten, wurde mir auch klar, warum Nissan so spendabel bei der übrigen IT-Ausrüstung war: die Wahrung des Familienfriedens. Damit wollte der Autobauer dafür sorgen, dass selbst auf langen Ausfahrten alle Insassen happy sind, selbst im Stau.

Fahrer wüssten in der Regel, dass sie antizyklisch fahren müssten, um Staus zu vermeiden, so begann Endos Gedankengang. Nur ließe sich dieses Wissen bei Familienausflügen in Japans Megastädte schlecht umsetzen. Denn wenn die eigene Familie frei hat, haben auch alle anderen Familien frei. Wer also Wochenendausflüge macht, kommt in den Millionenmetropolen um große Staus nicht herum, besonders bei der Rückkehr nach zum Beispiel Tokio am Sonntagabend.

Der Fahrautomat könne in solchen Situationen das Steuer übernehmen und den Fahrer entlasten, so Endo. Sein Kalkül: „Wenn wir den Stress für den Fahrer reduzieren können, sind auch die anderen Mitfahrer happy.“

Und prompt wurde mir klar, dass die USB-Buchsen den gleichen Zweck erfüllen. Denn nichts ist für heutige Großstadtkids schlimmer, als wenn ihnen im Stau der Saft ihrer mobilen Bespaßung ausgeht und sie womöglich ohne digitales Bordunterhaltungsprogramm mit den Eltern kommunizieren müssten. Das gibt erst richtig Geschmoll, Gequengel und Geschrei.

Damit ist es ? wenigstens konzeptionell gesehen ? jetzt vorbei. Das einzige Problem: Der Fahrer kann nicht wild auf seiner Spielkonsole daddeln. Schließlich wollen die real existierenden Fahrautomaten weiterhin von Menschen überwacht werden. Bei Nissan muss der Fahrer mindestens eine Hand am Steuer lassen, um jederzeit eingreifen zu können, wenn der Automat unsicher wird. Dennoch ist mein Fazit: Dies sind zwei interessante, harmoniestiftende Ideen für Autofahrten. (Martin Kölling) / (bsc)

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