In Nordwestspanien tobten allein am Wochenende gut 130 Brände, hinter denen zumeist Brandstiftung steckt – begünstigt durch eine „Reform“ der spanischen PP-Regierung
Es ist ein Schauspiel, dem man in Nordspanien bisher bestenfalls in heißen Sommermonaten beiwohnen konnte und im eigentlich feuchten Baskenland war es praktisch unbekannt. Doch nun kann auch hier beobachtet werden, wie Löschflugzeuge und Löschhubschrauber in Flussmündungen Wasser aufnehmen, um Brände in den naheliegenden Bergen zu löschen.

Bild: R. Streck
Hier hatte sich die Lage noch am Brandsonntag verbessert, da am Abend der Wind auf Nord drehte, die Luftfeuchtigkeit stieg und ein paar Tropfen aus dem Himmel kamen. Das war auch im nordwestpanischen Asturien zunächst der Fall, da aber nicht alle Feuer gelöscht werden konnten, spitzte sich die Lage am Dienstag wieder zu. Brände sind wieder aufgeflammt oder außer Kontrolle geraten.
Angesichts der Tatsache, dass es im Dezember praktisch gar nicht und im sonst verregneten November nur ein wenig geregnet hat, ist das Gebiet extrem trocken. Der Südwind treibt die Temperaturen meist auf frühlingshafte 20 Grad hinauf und bisweilen sogar auf sommerliche 25 Grad. Es reicht, dass ein Baum auf eine Stromleitung wie im baskischen Lesaka fällt, um einen Großbrand auszulösen. Mehr als 250 Hektar Wald brannten in der Region ab, die zu den regenreichsten auf der Iberischen Halbinsel gehören.
Was bisher das tägliche Brot in Südspanien war, wird mit den Klimaveränderungen nun zur Realität auch in Nordspanien. Derzeit scheinen sich die Vorhersagen zu bestätigen, dass das Spanien praktisch zur Wüste wird und der Anbau von Zitrusfrüchten, Weintrauben, Oliven nur noch im Norden und am Rand der Pyrenäen möglich sein wird.
Die Trockenheit ermöglicht, dass auch viele der Brände gelegt werden. Die Pyromanen setzen darauf, dass sich die Flammen wegen des starken Windes schnell ausbreiten. Brandstiftung wird auch im Fall eines Brandes nahe des baskischen Seebads Donostia-San Sebastian nicht ausgeschlossen. Der Chef der Feuerwehr Arkaitz Orbegozo erklärt deshalb, man ermittle in alle Richtungen. „Wir schließen nichts aus.“ Der ungewöhnliche Vorfall schreckte Bewohner und Besucher auf, kurz bevor die Stadt zum Jahreswechsel Kulturhauptstadt Europas wird. Es brannten fast 200 Hektar am angrenzenden Berg Igeldo ab. Etliche Bewohner und 20 Touristen aus Landgasthöfen wurden evakuiert, die ihren Urlaub dort verbringen. Da die Wetterlage anhält, warnt Orbegozo vor dem Jahreswechsel vor dem Gebrauch von Feuerwerkskörpern. Die Provinzregierung von Gipuzkoa schließt nicht aus, dass ihre Nutzung im freien Gelände verboten wird.
Was im Baskenland bisher noch ungeklärt ist, ist angesichts von mehr als 130 Bränden, die am Samstag im nordwestspanischen Asturien und den angrenzenden Regionen Galicien und Kantabrien fast gleichzeitig ausbrachen, keine Frage mehr. Hier gehen die Behörden davon aus, dass Brandstiftung am Wahlsonntag in den meisten Fällen die Ursache gewesen ist. Die Umwelt-Staatsanwaltschaft habe „viele Hinweise“, dass es sich meist erneut um Brandstiftung handelt. „El Mundo“ sprach sogar von einer „Brandflut“ im Norden des Landes angesichts des ungewöhnlichen Vorgangs, dass der eigentlich feuchte Nordwesten in Flammen stand.
Und auch die eher konservative Zeitung, die der gerade abgewählten konservativen Volkspartei (PP) nahesteht, weist auf die „umstrittene Reform“ des Berggesetzes hin. Sie sieht hinter den Vorgängen die Tatsache, dass Brandstifter oder ihre mutmaßlichen Auftraggeber für die moderne Brandrohdung wieder belohnt werden, seit das Gesetz im Oktober in Kraft getreten ist.
Telepolis wies schon im Juli auf die absehbare verheerende Wirkung des Gesetzes hin und titelte zur Verabschiedung: „Spanien darf wieder abgefackelt werden.“ Kurz vor den Wahlen hatte die Regierung unter Mariano Rajoy ein Gesetz der sozialdemokratischen Vorgänger reformiert. Das hatte es unmöglich gemacht, abgebrannte Flächen in den nächsten 30 Jahren umzuwidmen, um es in der Art zu nutzen, wie es Brandstifter wollen. Eine Umnutzung ist nun wieder möglich, es darf gezündelt werden.
Deshalb brauchte man kein Wahrsager zu sein, um vorhersagen zu können, dass die Zahl der Brände und die abgebrannte Fläche in diesem Jahr deutlich zunehmen würden. Die Feuer im Dezember nicht eingerechnet, brannten von Januar bis November insgesamt 75.000 Hektar bei fast 11.000 Bränden ab. Gegenüber dem Vorjahr ist das schon eine Zunahme um 54%, teilte die spanische Regierung am Dienstag mit. Rechnet man die Flächen hinzu, die gerade am Wochenende abgefackelt wurden, dürften sie sich bis zum Jahresende vermutlich verdoppeln. Allein in El Franco, Boal und Tapia (Asturien) brannten mehr als 3500 Hektar ab. Auffällig ist, dass nun fast 50% aller Brände im Nordwesten des Landes registriert wurden.