Grammer-Führung auf dem Schleudersitz

Angestellte der Grammer AG protestierten bei einer Kundgebung der IG Metal vor Beginn der Hauptversammlung des Automobilzulieferers.

Auf der Hauptversammlung von Grammer fliegen die Fetzen. Die Unternehmer-familie Hastor hat VW das Fürchten gelehrt und greift jetzt bei dem Autozulieferer nach der Macht. Die Abstimmung erscheint nur noch als Zwischenetappe.

Als die Hastor-Anwälte den Grammer-Chef Hartmut Müller Ende Oktober anriefen, waren sie noch voll des Lobes: Der bayerische Autozulieferer sei gut geführt, deshalb habe die Familie Hastor ihr Aktienpaket aufgestockt.

Auf der Hauptversammlung am Mittwoch in Amberg dagegen ließen sie kein gutes Haar mehr an Vorstand und Aufsichtsrat. Absetzen, lautet ihre Forderung. Als neue Kontrolleure schlugen sie Manager aus Hastors Prevent-Gruppe vor.

Untreue, Lügen, Verrat von Geschäftsgeheimnissen – die Liste der Vorwürfe von Hastor-Anwalt Franz Enderle ist lang. Pflichtvergessene Vorstände und Aufsichtsräte stellten den Erhalt ihrer ?Pfründe? über die Interessen des Unternehmens, heißt es.

Müller und sein Aufsichtsratschef Klaus Probst hätten sich vom größten Grammer-Kunden Volkswagen sogar eine Abwehrstrategie gegen die Hastors schreiben lassen. Ihr Verhalten sei ein Skandal, lächerlich, abstrus.

Dass Grammer nach langer Durststrecke im vergangenen Jahr den bisher höchsten Umsatz und Gewinn einfuhr, quittierten die rund 500 anwesenden Aktionäre mit Beifall. Enderles mehrfache Wortmeldungen dagegen wurden von Buhrufen und Pfiffen begleitet – großen Applaus bekam er nur einmal, als er sich in seinem Redetext verhedderte und abbrechen musste.

Die Fronten waren von Anfang an klar: der größte Grammer-Aktionär gegen alle anderen. Draußen demonstrierten 2.500 Beschäftigte der nahen Grammer- und Siemens-Werke gegen die ?Machtübernahme der Hastoren?.

Drinnen lobte Günther Hausmann von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), dass sich ?Vorstand, Arbeitnehmer, Politik, die wichtigsten Kunden und alle Aktionärsvertreter in seltener Einmütigkeit gegen eine kalte Übernahme durch den Minderheitsaktionär? stemmen.

Die ganze Autoindustrie verfolgt, was sich da in Amberg in der Oberpfalz abspielt. Denn die Hastors haben die Spielregeln im Verhältnis von Autokonzernen und Zulieferern in Frage gestellt.

Der 66-jährige bosnische Unternehmer Nijaz Hastor hat Jahrzehnte mit VW zusammengearbeitet. Nun sind seine Söhne Kenan und Damir mit im Spiel. Der Wind habe sich verschärft, heißt es in Branchenkreisen.

Link Startseite